Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrter Herr Meussen, liebe Anwesende!
Die Älteren unter uns werden sich noch an die Zeit erinnern, als der erhobene Daumen bedeutete: Gut gemacht, weiter so!
Ist lange her und damals hieß der Landesvater Caesar, regierte seine Untertanen noch von Rom aus und nicht wie Arminius heute aus dem närrischen Düsseldorf.
In der Neuzeit ist allerdings die Gefahr relativ groß, dass der erhobene Daumen letztendlich nur signalisiert, dass die Daumenschrauben fester angezogen werden sollen.
Denn genau das ist uns im zurückliegenden Haushalts-jahr widerfahren. Die Stadt Haltern erfüllt seit 2013 alle ihr im Stärkungspakt auferlegten Frondienste, spart in allen Bereichen und presst aus ihrem Volk heraus, was gerade noch vertretbar ist.
Jahr für Jahr überschüttet man uns dafür aus Münster mit Lob, erhebt uns zum Musterschüler und dann, nach mehr als drei Jahren, überrascht uns unser Lehnsherr damit, dass die vereinbarte, bzw. bis dahin nie in Frage gestellte Konsolidierungsbeihilfe von heute auf morgen so nicht mehr fließen soll.
Weil der Rat sich weigerte, diese Ungerechtigkeit in der Finanzplanung umzusetzen, schickte man uns aus Münster einen Vollstrecker, im Volksmund Sparkommissarin genannt, um so den Willen der Bezirksregierung durchzusetzen.
Mit dem Ergebnis, dass uns in 2019 und 2020 insgesamt ca. 2,3 Mio. Euro im Haushalt fehlen. Nahezu zeitgleich wurde uns verkündet, dass die Schlüsselzuweisungen in den kommenden Jahren ebenfalls deutlich niedriger ausfallen und uns somit in den nächsten drei Jahren voraussichtlich weitere 4,6 Mio. Euro weniger zur Verfügung stehen werden.
Vor diesem Hintergrund haben wir den allergrößten Respekt vor unserem Stadtkämmerer Dirk Meussen, der es trotz dieser negativen Prämissen hinbekommen hat, dem Rat für 2018 und darüber hinaus bis zum Ende des Stärkungspaktes einen ausgeglichenen Haushalt zu präsentieren.
Dass diese „Schwarze Null“ – und damit ist nicht Dirk
Meussen gemeint – besonders im Jahr 2019 auf wackeligen Füßen steht, wissen wir alle nur zu gut.
Denn neben den nur schwer kalkulierbaren staatlichen Zuweisungen und unseren Gewerbesteuereinnahmen auf der Einnahmenseite, drohen auf der Ausgabenseite neben dem Zinsrisiko beinahe in jedem Jahr unanständige Forderungen der Umlageverbände und insbesondere des Kreises Recklinghausen.
Dieser besitzt gar die Unverschämtheit über 100 neue Stellen im Personalplan 2018 einzustellen. Der geplante Personaletat für 2018 liegt damit über 132 Mio. Euro und ist damit gut 30 Mio. Euro höher als die Gesamtausgaben der Stadt Haltern am See.
Als politisches Highlight aber sehen wir, dass der Kreis eine Ausgabe von 800.000 Euro an Strafzinsen für Guthaben auf dem Kreiskonto auf seine Kommunen umlegt. Unser Kreis hat es geschafft, in den letzten fünf Jahren sein Eigenkapital um über 50 Mio. Euro zu erhöhen. Und dies geschah zulasten seiner Kreisstädte, die zeitgleich durch den Stärkungspakt dazu gezwungen sind, jeden Euro zweimal umzudrehen. Wie krank müssen die Kreistagsmitglieder eigentlich sein, die dieses perfide Vorgehen mittragen, obwohl sie alle selbst in notleidenden Kommunen leben.
Erschwerend kommt hinzu, dass auch die neu ins Amt gewählte Landesregierung sich bisher nicht verpflichtet fühlt, die vom Bund in die Landeskasse fließenden Mittel zur Abdeckung der Flüchtlingskosten 1:1 an die Kommunen weiterzuleiten.
Unsere Stadt hat in den zurückliegenden Jahren mit enormen Kosten menschenwürdige Unterkünfte für aktuell über 700 Flüchtlinge geschaffen. Auch jetzt wird gerade wieder mit dem Bau einer modernen, fast 2,3 Mio. Euro teuren Unterkunft auf dem Gelände und mit Hilfe unserer Stadtwerke begonnen.
Wir bauen an der Lohausstraße, nicht zuletzt auch wegen der vielen ankommenden Flüchtlingskinder, im zweiten Jahr nacheinander einen neuen, voraussichtlich 2,8 Mio. Euro teuren Kindergarten.
Wir fördern die sprachliche und soziale Integration der Flüchtlinge mit Hilfe engagierter Verwaltungs-mitarbeiter um Herrn Schniederjan und vieler Halterner Bürgerinnen und Bürger, die sich in ihrer Freizeit engagieren. Ohne diese freiwilligen Helfer, Gruppen und Vereine wäre das alles kaum möglich. Deshalb gilt unser ausdrücklicher Dank all diesen Gruppen und Einzelpersonen für ihr außerordentliches soziales Engagement.
Die sogenannten Sondierungsgespräche in Berlin drehten sich immer wieder auch um den Familien-Nachzug der in Deutschland lebenden Flüchtlinge.
Es bleibt zu hoffen, dass dann aber bitte auch zu allen in Berlin beschlossenen (Wohl-)Taten den Kommunen am wehrlosen Ende der Nahrungskette die erforder-lichen Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden.
Früher war nicht alles, aber vieles anders.
Der Fernseher war noch so tief wie der Bildschirm breit war und eine Fernbedienung gab es auch nicht. Brauchte man bei maximal zwei Programmen aber auch kaum. Und wenn wir als Kinder am Wochenende Fury oder Lassie in schwarz-weiß sehen wollten, besuchten wir halt auserwählte Freunde in der Nachbarschaft, die so ein modernes Gerät hatten.
Damals aber galt das Wort der gewählten Volksvertreter noch – zumindest in den meisten Fällen.
Wenn heute eine Oppositionspartei vor der Wahl zum NRW-Landtag ihren Wählern vermittelt, dass das leidige Problem der verbindlichen Teilnahme an der OGS mit einem Federstrich zu korrigieren sei, heißt das nicht, dass es dann nach erfolgreicher Wahl auch so geschieht.
Trotzdem wollen wir die Hoffnung nicht aufgeben, dass die neue NRW-Regierung nicht in die gleiche Schock-starre wie das politische Berlin verfällt und dabei die Probleme im Land vergisst.
Zu einem der größten Probleme, unter dem wir in Haltern besonders leiden, zählen die Restriktionen bei der Ausweisung von Wohnbau- und Gewerbeflächen.
Die Halterner Bevölkerung wächst entgegen allen Prognosen nach wie vor. Dem Wunsch nach bezahlbarem Wohnraum können wir aber kaum nachkommen, weil uns die erforderlichen Wohnbauflächen von der Bezirksregierung nicht zugestanden werden.
Hier ist dringender Handlungsbedarf seitens der Landes- und Bezirksregierung gegeben, fernab jedes ideologischen Denkens.
Positiv bleibt zu erwähnen, dass wir Dank des NRW-Förderprogramms „Gute Schule 2020“ im kommenden Jahr neben dem Austausch weiterer Fenster im Schulzentrum wie schon im vergangenen Jahr viele Dinge an unseren Schulen in Ordnung bringen können.
Aus Haushaltsmitteln 2017 haben wir nach erfolg-reicher Intervention der Politik mit deutlich geringerem finanziellem Aufwand als ursprünglich geplant das Ehrenmal am Hennewiger Weg in einen angemessenen Zustand gebracht.
Ein Beispiel dafür, dass eine Planung manchmal ruhig auch ein bisschen bescheidener ausfallen darf.
Dass allerdings unsere Feuerwehr nach 20 Jahren eine neue „Drehleiter“ benötigt, um weiter den Brandschutz in unserer Stadt sicherzustellen, ist nachvollziehbar. Wenn wir aber den über zwei Haushaltsjahre verteilten Anschaffungspreis in Höhe von fast 740.000 Euro ins Verhältnis zu der uns vom Land gewährten jährlichen Feuerschutzpauschale von 112.000 Euro für den gesamten städtischen Feuerwehrbedarf setzen, wird jedem sehr schnell klar, dass die Stadt auch hier wieder einmal keine auch nur annähernd angemessene Finanzierung der ihr übertragenen Pflichtaufgaben zu erwarten hat.
Wir fordern das Land NRW auf, sich Gedanken zu machen, den Kommunen die Ausstattung ihrer Feuerwehren nicht nur vorzuschreiben, sondern diese auch direkt zu beschaffen, wie dies bereits bei Polizei und THW der Fall ist. Feuerwehr-Fahrzeuge sind sehr spezielle Fahrzeuge und daher nicht ohne weiteres beim nächsten Autohändler mit satten Rabatten zu bestellen. Allein das Land hätte die Möglichkeit, für die landesweite Versorgung entsprechende Preise zu erzielen.
Bei der haushaltstechnischen Darstellung wären wir dem NRW-Kämmerer bei derartigen Anschaffungen selbstverständlich gerne analog dem Finanzierungsmodell „Gute Schule 2020“ behilflich.
Wir verbuchen die Schulden – er zahlt Zins und Tilgung.
Meine Damen und Herren, sehr geehrter Camerarius Meussen.
Die WGH wird der vorgelegten Haushaltssatzung mit den dazugehörigen Anlagen und der Fortschreibung des Haushaltssanierungsplans zustimmen. Dem Stellenplan stimmen wir ebenfalls zu.
Unser Dank gilt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kämmerei für ihre gute Arbeit in finanziell sehr unsicheren Zeiten.
Unser besonderer Dank gilt Herrn Meussen, verbunden mit dem Trost, dass er sich und uns – wie in seiner Haushaltsrede erwähnt – zwar mit Blick auf die Finanzplanung „mit der Nasenspitze mal soeben über Wasser sieht“, die Finanzminister in Bund und Land aber zeitgleich in immer kräftiger sprudelnden Steuereinnahmen zu ertrinken drohen.
Zum „Fonds Deutsche Einheit“, der möglicherweise im übernächsten Jahr auslaufen könnte, möchte ich mich allerdings erst dann wieder äußern, wenn er denn tatsächlich Geschichte sein sollte. Schließlich stammt der Soli noch aus einer Zeit, als der Bundesfinanz-minister im Schatten seiner eigenen Augenbrauen lebte und über vergangene Zeiten habe ich heute ja auch schon genug erzählt.
Dem Kämmerer möchte die WGH zum Schluss gerne ein kleines Licht mitgeben auf seinen holprigen Weg bei der Haushalts-Aufstellung für 2019.
Die Ratsfraktionen erhalten finanzielle Zuwendungen für ihre Ratsarbeit. Auf Vorschlag der WGH-Fraktion wurden diese gemäß Maßnahmenblatt 128 in den letzten fünf Jahren jährlich jeweils um 5 Prozent gekürzt. Wir beantragen die Verlängerung dieser Maßnahme für die beiden folgenden Jahre 2018 und 2019, in denen sich der Haushaltsausgleich nachweislich am schwierigsten gestalten wird.
Wir gehen selbstverständlich davon aus, dass dieser Antrag zwar nicht den Beifall, aber zumindest die Zustimmung der übrigen Fraktionen finden wird.
Die WGH-Fraktion hat in den letzten fünf Jahren trotz der bisher erfolgten Kürzungen mit immerhin 11.800 Euro über 50 Prozent der Zuwendungen zurückgezahlt. Die FDP-Fraktion hat in der Vergangenheit sogar auf fast 100 Prozent verzichtet. Deshalb sollte es bei den drei größeren Fraktionen möglich sein, den Gürtel nur ein kleines bisschen enger zu schnallen.
Danke fürs Zuhören
Ludwig Deitermann